Monday, December 31, 2007

biosphere 0.9982

Engels an Marx in London

Manchester, 15. November 1857. Die Krisis entwickelt sich diesmal etwas eigentümlich. Der Aktienschwindel in Frankreich und Deutschland hat schon seit einem Jahr beinah in einer vorläufigen Krisis gelegen; jetzt erst ist der Hauptaktienschwindel in New York zum Kollaps und dadurch alles zur Entscheidung gekommen. Das Merkwürdigste ist, daß die Yankees zwar, wie immer, mit ausländischem Kapital, aber diesmal besonders mit kontinentalem geschwindelt haben. Die Bürokraten und Rentiers, die in Deutschland alles für sich aufgekauft haben, was nur amerikanisch war, werden schön bluten müssen. Die Vorkrisis des kontinentalen Aktienschwindels und die wenigen direkten Berührungspunkte, die er mit dem amerikanischen hatte, verzögern die sofortige zerstörende Rückwirkung der amerikanischen auf die kontinentalen Schwindelgeschichten, doch wird das bald kommen.

(...) Für Ausbreitung und Fortdauer der Krise ist auch gesorgt. Die Seidenkrisis, die schon die größte Masse Seidenweber außer Brot gesetzt, und die short time allein sind hinreichend, den Binnenhandel für den Winter vollständig zu ruininieren, bis Ende Oktober ging er noch gut. Die amerikanische Krisis reitet die Barmer und Elberfelder Kurzwarenfabrikanten, die Elberfelder und Krefelder und Lyoner Seidenfabrikanten, die deutschen, französischen und belgischen Tuchfabrikanten tief in die Sauce. (...)

Seitdem der Schwindel zusammenbrach in New York, hatte ich keine Ruhe mehr in Jersey, und ich fühle mich enorm fidel in diesem allgemeinen Zusammenbruch. Der bürgerliche Dreck der letzten sieben Jahre hatte sich doch einigermaßen an mich gehängt, jetzt wird er abgewaschen, ich werde wieder ein andrer Kerl. Die Krisis wird mir körperlich ebenso wohltun wie ein Seebad, das merk’ ich jetzt schon. 1848 sagten wir: jetzt kommt unsere Zeit, und sie kam in einem gewissen Sinne, diesmal aber kommt sie vollständig, jetzt geht es um den Kopf. Meine Militärstudien werden dadurch sofort praktischer, ich werfe mich unverzüglich auf die bestehende Organisation und Elementartaktik der preußischen, österreichischen, bayrischen und französischen Armeen, und außerdem nur auf Reiten, d. h. Fuchsjagen, was die wahre Schule ist.

Engels an Marx in London

Manchester, 7. Dezember 1857. In Hamburg sieht es großartig aus. Ulberg & Cramer (Schweden), die mit Schulden von Banko Mark 12 000 000 falliert sind (worunter sieben Millionen Wechsel auf sie!), hatten ein Kapital von nicht mehr als 300000 Mark!! Eine Masse Kerls sind bloß dadurch hereingeritten, daß sie für einen einzigen fälligen Wechsel keine Bargelder auftreiben konnten und vielleicht den hundertfachen Betrag in momentan wertlosen Wechseln im Pult hatten. So komplett und klassisch ist noch nie Panic gewesen wie jetzt in Hamburg.

Alles ist wertlos, absolut wertlos außer Silber und Gold. (...) Die ganze Geschichte in Hamburg beruht auf der großartigsten Wechselreiterei, die je gesehen worden. Zwischen Hamburg, London, Kopenhagen und Stockholm ist dies am tollsten getrieben worden. Der amerikanische crash und der Fall in Produkten brachte dann die ganze Geschichte an den Tag, und für den Moment ist Hamburg kommerziell vernichtet. Die deutschen Industriellen, besonders in Berlin, Sachsen, Schlesien, werden damit wieder schwer gepackt. (...)

Unter den Philistern hier wirkt die Krisis stark aufs Trinken. Niemand kann es zu Hause allein mit der Familie und den Sorgen aushalten, die Klubs beleben sich, und die Konsumtion von liquor wächst stark. Je tiefer einer drein sitzt, desto gewaltsamer strebt er, sich aufzuheitern. Am nächsten Morgen ist er dann das schlagendste Exempel von moralischem und physischem Katzenjammer.

Engels an Marx in London

Manchester, 31. Dezember 1857. Augenblicklich schwindelt sich das Volk hier in dem Glauben, die Krise ist vorüber, weil die erste Phase, die Geldkrisis mit ihren unmittelbaren Folgen, vorüber ist. Im Grunde glaubt doch immer noch jeder einzelne Bourgeois, daß sein spezieller Geschäftszweig und namentlich sein eigenes Geschäft völlig gesund gewesen sei (...) Lange wird das nicht dauern (...) Jetzt Prosit Neujahr für die ganze Familie auf das Krawalljahr 1858.

Auszug aus: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke Band 29, Berlin 1963, Seiten 208/209, 220/221, 244/245 (via Junge Welt)

Sunday, December 30, 2007

all went black

"She became extremely withdrawn and was admitted into another clinic where she protested that 'all is dead within and outside me'... On rare occasions she would respond to questioning and revert to making spontaneous remarks. Once she pointed to the surrounding countryside and said that all that encircled her 'the sun, earth and the very stars do not exist'. She believed that she alone survived the initial explosion that created the world, and that she wandered in the empty world as 'a carbonized star'. She believed that even time had been consumed and that she was thus condemned to wander eternally in this form."

at englishheretic via k-punk

teutonic tectonics

In 1848, the year of the revolutions, a "National Assembly" was convened at Frankfurt, to discuss unification of the German lands, civil rights and a constitution for a future Reich. The strangest thing about the assembly was its seating plan. Delegates were placed in a semi-circle facing the Speaker, but there was one seat in the centre of the semi-circle, directly opposite the Speaker, set apart from all the others. It was reserved for Jacob Grimm. Can one imagine a British durbar to decide the future of the Empire, deliberately and symbolically centred on a professor of linguistics, also known as a collector of fairy tales? But Grimm was not a mere linguist, he was a Philolog, and by 1848 [...] philology was a combination of linguistics, literary history and cultural anthropology with the prestige of a hard science and the popular appeal of Lord of the Rings.
Grimm was there to speak, not for the nation, for there was no German nation, but for an imaginary Deutschland which he had very largely created in an unmatched though repeatedly imitated feat of "cultural consciousness-raising".

Tom Shippey, "So say the folk" in: TLS, Sep 28 2007, p. 24.

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Friday, December 21, 2007

File 1.91

Bordwell & Thompson on aspect ratio of Godard's films.

Thursday, December 20, 2007

Hartz IV &"precariat" avant la lettre

There was a large penumbra of insecure officials, untenured academics, would-be professional men, and marginal figures like journalists, a sign of what has been called the 'excess of educated men' in the Vormärz period [...]

The same point can be made for the bottom end of society. Contemporaries began to use the term 'proletariat' from the 1830s, but they meant something different from the class of industrial factory workers in Karl Marx's celebrated Communist Manifesto (1848), a work that was more prophetic than descriptive in the German case. [...] The term [...] referred to the urban equivalent of the rural underclass, those gathered together in towns and cities who lacked not only the means of production, but property, regular employment or security. The term embraced casual workers, labourers, servants, apprentices, unemployed journeymen and impoverished masters, as well as the floating urban population of knife-grinders, messengers, hawkers and the dangerous class of beggars, vagrants, prostitutes and criminals.

D. Blackbourn, History of Germany, p. 89-90.

Wednesday, December 19, 2007

teutonic tectonics

One was the exploitation of the state's own resources, particularly the woodlands that had once been princely domains. Just as the painters and writers embarked on their love affair with the German forest, officials began to insist on the scientific management of a valuable resource that had been ravaged by overcutting in the war years. The pine forest of the late Romantic imagination was a creation of nineteenth-century forestry officials, who liked the quick growth of foreign imports like Douglas firs.
David Blackbourn, History of Germany 1780-1918, Blackwell, 2003, p. 74-75

walk this way


Monday, December 17, 2007

hyssyttely

all of a tremble

    • good news: St. Christopher have released their Sarah Records material on a new compilation,
    • possibly good news: St. Christopher have re-banded,
    • bad news: their myspace page.

Sunday, December 16, 2007

Boil 2.0

Project Censored lists the Top 25 censored news stories of 2007

  • Haliburton charged with selling nuclear technologies to Iran
  • World Bank funds Israel-Palestine Wall
  • New evidence establishes danger of Roundup
  • etc., etc.

2006 news stories were linked here

auf überwachsenen Pfaden


















age of sentiment, cntd.

Daß diese Revolution tatsächlich im Namen der Natur erfolgte, zeigt nicht zuletzt ihre Wissenschaftspolitik, die in erster Linie eine Kritik der herrschenden Wissenschaftsinstitutionen war. [...]
Die Wissenschaftsfeindlichkeit der Revolution hat Geometern wie Condorcet und Chemikern wie Lavoisier das Leben gekostet - ihre bukolischen Neigungen und eine von Rousseau geprägte Naturschwärmerei haben anderen das Leben gerettet. Als Daubenton, der ehemalige Mitarbeiter Buffons, hochbetagt um sein certificat de civisme nachsucht, das in den Zeiten der terreur einzig das Überleben sichert, zögern die Sansculotten seines Bezirks, doch dann erinnert man sich, daß er eine Abhandlung über die Schafzucht geschrieben, ja sogar das Merinoschaf in Frankreich eingeführt hat, und stellt dem 'Schäfer' Daubenton jenes Zertifikat aus, das man dem Anatomen gewiß verweigert hätte.

That this revolution in fact took place in the name of nature is rather evident in its politics of science which in the main consisted in a critique of the dominant institutions of science. [...]
The revolution's hostility toward science cost geometers like Condorcet and chemists like Lavoisier their life - while bucolic inclinations and nature rhapsody inspired by Rousseau saved the lives of others. When Daubenton, the former assistant of Buffon, well advanced in years, solicits for his certificat de civisme, which alone could guarantee survival during the time of the terreur, the Sansculottes of his precinct hesitate. But then it is remembered that he had written a treatise on sheep breeding, and that he even had introduced the Merino sheep to France, and the 'shepherd' Daubenton is issued with the certificate which certainly would have been refused the anatomist Daubenton.

W. Lepenies, "Historisierung der Natur", pp. 23-24. Transl. mine.

biosphere 0.9981b


the age of sentiment

Mit wenigen Ausnahmen versteht sich das Dixhuitième, dieses 'Jahrhundert der ausgebildeten Vernunft' (Forster), als eine Epoche der zivilisierten Natur. Das Gesagte gilt vielleicht noch am wenigsten für Rousseau, wenn auch selbst in seinem Naturpathos Empfindung und Inszenierung untrennbar sich mischen, aber es gilt für seine Nachfolger und erst recht für seine Anhänger, die er nicht zuletzt an den Höfen findet: die Begeisterung für die Natur wird hier zum Bestandteil der Etikette. Taine hat in seiner Schilderung des Ancien Régime daraufhingewiesen, daß sich in dieser Zeit der Grundzug der Sitten keineswegs änderte: 'Es handelt sich darum, zur Natur zurückzukehren, das Landleben zu bewundern, die Einfachheit der ländlichen Sitten zu lieben, sich für die Bauern zu interessieren und human zu sein, ein Herz zu haben [...] Gatte und Vater zu sein, eine Seele mit Tugenden und religiösen Ergüssen zu besitzen, an die Vorhersehung und die Unsterblichkeit der Seele zu glauben, Begeisterung zu empfinden [...]. Man will so sein [...], [aber] nur unter der stillschweigenden Bedingung, daß man dadurch in seiner gewöhnlichen Lebensweise nicht allzu sehr gestört werde, und daß die Eindrücke des neuen Lebens die Genüsse des alten nicht beeinträchtigen. [...]" Es ist die Zeit der kalkulierten Sentimentalität.

With few exceptions the Dixhuitième, this 'century of cultivated reason' (Forster), conceives of itself as an epoch of civilised nature. Arguably, this may least apply to Rousseau even though sentiment and staging are inextricably mixed in his nature pathos. But it does apply to his successors and especially to his followers who are frequently found at court: here the enthusiasm for nature becomes a feature of etiquette. In his depiction of the ancien régime, Taine has pointed out that during this age the main character of morality does not at all change: 'this revolves around a return to nature and to admire rural life, to be fond of the simplicity of rural customs, to show an interest for peasants and to be humane, to have a heart [...] to be a husband and father, to possess a soul of virtues and religious outpourings, to believe in providence and the immortality of the soul, to feel enthusiasm [...]. One wants to be this way [...], [but] only given the tacit provision that one's customary way of life will not be interrupted too much and that the impressions of this new life will not affect the enjoyments of the old one. [...]" It is the age of calculated sentimentality.

Wolf Lepenies, "Historisierung der Natur" in: Gefährliche Wahlverwandschaften, Stuttgart: Reclam, 1989, pp. 17-18. Transl. mine.

Saturday, December 15, 2007

biosphere 0.9981

ARLANC 1.66

I contend that Tina sings about Ike in this version of

Edith & the Kingpin: link

Friday, December 14, 2007

Boil 1.99

With ‘The Door in the Wall’, the ontological question is not so much about thereality or not of the supernatural – there is nothing to suggest that the worldbehind the wall is ‘supernatural’, though it is certainly ‘enchanted’ -

writes k-punk

Wednesday, December 12, 2007

File 1.90

From behind 2.34

















"Den Kindern aber war der Besuch erfreulich gewesen, und Hanna Ohlerich bat darum, daß Cresspahl die Adresse dieses umgänglichen Menschen aus Itzehoe unter ihren Augen aufschrieb."

U. Johnson, Jahrestage, Buch III, Ffm., Suhrkamp, 1970, p. 1035.

Wednesday, December 05, 2007

ARLANC 1.65

Creek Lullaby

Professor Rhodes recorded a young girl named Margaret singing Creek Lullaby. Margaret attened the Haskell Institue in Lawrence, Kansas. According to the Professor's notes Margaret’s voice “shimmered in the room” The translation, roughly, is

Baby, sleep, sleep, sleep.
Father has gone to find turtle shells.
He said he will return tomorrow.
Baby, sleep, sleep, sleep.

Monday, December 03, 2007

When in Rome

...ein Fahrradelenker namens 'Manitou', ein Schutzblech namens 'Viper'...

...handle bars called 'Manitou', a mudguard called 'Viper...