biosphere 0.9986 (the song remains the same)
Der als »geistiger Leiter und Organisator der Ausstandsbewegung« beim Münchner Munitionsarbeiterstreik zu neun Monaten Haft verurteilte bayerische USPD-Vorsitzende Kurt Eisner gelangte damals zu der Erkenntnis, daß die Sozialdemokratie »eine bis zur Komik getreue Volksausgabe des Staates, in dem sie lebt«, darstellt und ihre Funktionäre eine »beispiellos unfähige und verdächtig zersetzende Führung, die sich unmäßig weise in ihrer illusionsfreien Realpolitik dünkt«. Notwendig sei eine Emanzipation der Arbeiter von diesen Führern und ihre Selbstorganisation auf Betriebsebene, forderte Eisner, der vor dem Krieg dem rechten Parteiflügel der SPD angehört hatte. »Sie dürfen sich nicht vertreten lassen, von niemandem.«
Wie recht Eisner hatte, belegen die Äußerungen führender Sozialdemokraten nach dem Krieg. Er sei mit der Absicht in die Streikleitung eingetreten, den Streik zum schnellsten Abschluß zu bringen und eine Schädigung des Landes zu verhüten, versicherte Reichspräsident Friedrich Ebert 1925 vor Gericht, nachdem er von einem rechten Journalisten wegen seiner Teilnahme am Januarstreik des Landesverrats bezichtigt worden war.
Nich Brauns, "Streik gegen Krieg",
Junge Welt, 26/27.1.2008, S. 15
File 1.91
Talking back to Prozac:The Loss of Sadness: How Psychiatry Transformed Normal Sorrow into Depressive Disorderby Allan V. Horwitz and Jerome C. Wakefield, Oxford University Press, 287 pp.
Shyness: How Normal Behavior Became a Sickness
by Christopher Lane, Yale University Press, 263 pp.
Let Them Eat Prozac: The Unhealthy Relationship Between the Pharmaceutical Industry and Depression
by David Healy, New York University Press, 351 pp.
"The corporate giants popularly known as Big Pharma spend annually, worldwide,some $25 billion on marketing, and they employ more Washington lobbyists than there are legislators. Their power, in relation to all of the forces that might oppose their will, is so disproportionately huge that they can dictate how they are to be (lightly) regulated, shape much of the medical research agenda, spin the findings in their favor, conceal incriminating data, co-opt their potential critics, and insidiously colonize both our doctors' minds and our own. [...]
As a psychopharmacologist, however, he saw from the outset that the drug firms were pushing a simplistic "biobabble" myth whereby depression supposedly results straightforwardly from a shortfall of the neurotransmitter serotonin in the brain. No such causation has been established, and the proposal is no more reasonable than claiming that headaches arise from aspirin deprivation"
in
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Et in Arcadia Ego
Und ich bringe Dir dieses zum Gedächtnis und als Erinnerung, das eine und das andere zugleich, das eine im anderen, und wir haben vielleicht in der Ökonomie dieser beiden Worte das ganze Gesetz des Archivs: der Liebe Deines Vaters, der dich ewig liebt.
And I have presented it to you as a memorial and as a reminder, the one in the other, and we have, perhaps, in the economy of these two words the whole of archival law: of love from your father, who loves you with everlasting love.
Jakob son of R. Shelomoh Freid [sic] In the capital city Vienna 29 Nisan [5]651 6 May 1891
Jacques Derrida, Dem Archiv verschrieben, Berlin, Brinkman & Bose, 1997, p.47
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biosphere/nichts remix
matrix/cube revisited
biosphere 0.9985
Ich erwähnte schon die pädagogischen Gründe für die Einführung der Arbeitszeitrechnung in der Wirtschaft. Die Regierung sollte sich auch in Richtung eines dualen Systems volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung - Arbeitszeitrechnung neben Geldrechnung - bewegen. Denn es gibt in der nationalen Wirtschaftspolitk viele Probleme, bei denen die Arbeitszeitrechnung informativer ist als die monetäre. Letztere verbirgt die Tatsache, daß nationale Wirtschaftspolitik nichts anderes ist als die (Wieder-) Verteilung der gesellschaftlichen Arbeit ist. Geld ist die Maske, hinter der sich die wirkliche Arbeitsteilung vollzieht.
Paul Cockshott, "Zeit statt Geld", Junge Welt, 21.1.2008, S. 11.
biosphere 0.9984
25. (...) Ist Geld das eine Tauschobject, so ist zu erwägen, dass ein Frankenthaler in der Hand eines reichen Erben, eines Tagelöhners, eines Kaufmannes, eines Studenten ganz verschiedene Dinge sind: Jeder wird, je nachdem er fast Nichts oder Viel that, ihn zu erwerben, Wenig oder Viel dafür empfangen dürfen, - so wäre es billig: in Wahrheit steht es bekanntlich umgekehrt. In der grossen Geldwelt ist der Thaler des faulsten Reichen gewinnbringender, als der des Armen und Arbeitsamen.
Nietzsche, MA II, S. 595.
biosphere 0.9983
348. Aus dem Land der Menschenfresser: - In der Einsamkeit frisst sich der Einsame selbst auf, in der Vielsamkeit fressen ihn die Vielen. Nun wähle.
Nietzsche,
MA II, § 348, a.a.O., S. 520
summer's found heart
Für Hari (0.1)
319.
Guter Briefschreiber. - Der, welcher keine Bücher schreibt, viel denkt und in unzureichender Gesellschaft lebt, wird gewöhnlich ein guter Briefschreiber sein.
Friedrich Nietzsche,
MA I, § 319, a.a.O. , S. 244.
nichts 0.9
Solltet ihr aber wünschen, aus diesem eurem Ungenügen am Christentum herauszukommen, so bringt Euch doch die Erfahrungen von zwei Jahrtausenden zur Erwägung: welche in bescheidene Frageform gekleidet, so klingt: "wenn Christus wirklich die Absicht hatte, die Welt zu erlösen, sollte es ihm nicht mißlungen sein?"
Friedrich Nietzsche.
Menschliches, Allzumenschliches II, § 98, a.a.O., S. 419
nichts 0.8
Zu jeder Sphäre gesellschaftlicher Kämpfe gibt es eine komplementäre psychologische Erzählung, in der Repression und Widerstand zwar noch vorkommen, aber religiös, moralisch oder anthropologisch mystifiziert werden. Solche Erzählungen werfen emotionalen Mehrwert ab, weil sie die Erfahrung von Ohnmacht und Unterdrückung nicht verleugnen, sondern auf die Sphäre des Allgemein-Menschlichen projizieren: Der Kampf für Emanzipation wird ersetzt durch die Klage über die Fatalität des Weltlaufs.
Klaue, Magnus "Urin heilt", in
Konkret Literatur 2007, S. 20
nichts 0.7
Unsere Mängel sind die Augen, mit denen wir das Ideal sehen.
Our imperfections are the eyes by which we see the ideal.
Nietzsche, Friedrich.
Menschliches, Allzumenschliches II, § 86, Colli, Montinari 1999, 411.
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Tariq Ali's
postscript to his full
article in the
LRB:Six hours before she was executed, in 1587, Mary, Queen of Scots wrote to her brother-in-law, Henry III of France: ‘As for my son, I commend him to you in so far as he deserves, for I cannot answer for him.’ On 30 December 2007, a conclave of feudal potentates gathered in the home of the slain Benazir Bhutto to hear her last will and testament being read out and its contents announced to the world media. Where Mary was tentative, her modern-day equivalent left no room for doubt. She could certainly answer for her son.
A triumvirate consisting of her husband, Asif Zardari (one of the most venal and discredited politicians in the country and still facing corruption charges in three European courts), and two ciphers will run the party until Benazir’s 19-year-old son, Bilawal, comes of age. He will then become chairperson-for-life and, no doubt, pass the post on to his children. The fact that this is now official does not make it any less grotesque. The Pakistan People’s Party is being treated as a family heirloom, a property to be disposed of at the will of its leader. Both Pakistan and the People’s Party deserve better than this medieval charade [...]
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