Sunday, January 27, 2008

biosphere 0.9986 (the song remains the same)

Der als »geistiger Leiter und Organisator der Ausstandsbewegung« beim Münchner Munitionsarbeiterstreik zu neun Monaten Haft verurteilte bayerische USPD-Vorsitzende Kurt Eisner gelangte damals zu der Erkenntnis, daß die Sozialdemokratie »eine bis zur Komik getreue Volksausgabe des Staates, in dem sie lebt«, darstellt und ihre Funktionäre eine »beispiellos unfähige und verdächtig zersetzende Führung, die sich unmäßig weise in ihrer illusionsfreien Realpolitik dünkt«. Notwendig sei eine Emanzipation der Arbeiter von diesen Führern und ihre Selbstorganisation auf Betriebsebene, forderte Eisner, der vor dem Krieg dem rechten Parteiflügel der SPD angehört hatte. »Sie dürfen sich nicht vertreten lassen, von niemandem.«

Wie recht Eisner hatte, belegen die Äußerungen führender Sozialdemokraten nach dem Krieg. Er sei mit der Absicht in die Streikleitung eingetreten, den Streik zum schnellsten Abschluß zu bringen und eine Schädigung des Landes zu verhüten, versicherte Reichspräsident Friedrich Ebert 1925 vor Gericht, nachdem er von einem rechten Journalisten wegen seiner Teilnahme am Januarstreik des Landesverrats bezichtigt worden war.

Nich Brauns, "Streik gegen Krieg", Junge Welt, 26/27.1.2008, S. 15

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