the firecreek excerpts 0.1
Wirkliches, sinnliches Sein ist solches, welches nicht abhängt von meinem Mich-selbst-Bestimmen, von meiner Tätigkeit, sondern von welchem ich unwillkürlich bestimmt werde, welches ist, wenn ich auch gar nicht bin, es gar nicht denke, fühle. Das Sein Gottes müßte also sinnlich bestimmtes Sein sein. Aber Gott wird nicht gesehen, nicht gehört, nicht sinnlich empfunden. Er ist für mich gar nicht, wenn ich nicht für ihn bin; wenn ich keinen Gott glaube und denke, so ist kein Gott für mich. Er ist also nur, indem er gedacht, geglaubt wird – der Zusatz: für mich ist unnötig. Also ist sein Sein ein wirkliches, das doch zugleich kein wirkliches – ein geistiges Sein, hilft man sich. Aber geistiges Sein ist eben nur Gedachtsein, Geglaubtsein. Also ist sein Sein ein Mittelding zwischen sinnlichem Sein und Gedachtsein, ein Mittelding voll Widerspruch. Oder: es ist ein sinnliches Sein, dem aber alle Bestimmungen der Sinnlichkeit abgehen – also ein unsinnliches sinnliches Sein, ein Sein, welches dem Begriffe der Sinnlichkeit widerspricht, oder nur eine vage Existenz überhaupt, die im Grunde eine sinnliche ist, aber, um diesen Grund nicht zur Erscheinung kommen zu lassen, aller Prädikate einer wirklichen sinnlichen Existenz beraubt wird. Aber eine solche Existenz überhaupt widerspricht sich. Zur Existenz gehört volle, bestimmte Wirklichkeit.
Feuerbach, Ludwig. Das Wesen des Christentums. Dritte Auflage, Leipzig 1849/Reclam 1969, 305.
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