Tuesday, December 12, 2006

nichts_0.2

Wo der "Herr" noch herrscht, wird er Frage und Fragesteller "blasphemisch" nennen. Und er hätte recht damit, wenn man imaginäre Instanzen lästern können. Wo das nicht ausreicht, wird er Frage und Fragesteller unter Pathologieverdacht stellen. Die Geschichte der Melancholieabwehr bezeugt das bis zu einem Mann namens Freud, der soviel vom Elend des Lebens wußte, daß er dem "Todesprinzip" und "Nirwanaprinzip" die Dignität eines Prinzips und eines Triebes einräumte und doch die Frage nach "Sinn und Werte des Lebens" diagnostizierte er als "krank". Und er hatte recht damit: Hamlet und seinesgleichen sind zum Tode krank, nur daß Freud selbst zu den Hamlets zählte. Seine Diagnose pflegt der therapeutische Menschenverstand gern zu zitieren, nicht aber den verzweifelt komischen Fortsetzungssatz des Todkranken, in den "Trauer und Depression" und Pessimismus münden: "Mir geht ein 'advertisement' im Kopf herum, das ich für das kühnste und gelungenste Stück amerikanischer Reklame halte: 'Why live, if you can be buried for ten dollars?'" (Freud, S. Gesammelte Briefe. Ffm 1960, 492)

Lütkehaus, Ludger. Nichts. Haffmans 2003, 128.

0 Comments:

Post a Comment

<< Home