Wednesday, April 01, 2009

biosphere 0.999c

Schon vor der Entzifferung der Keilschriften kannte man
den Bericht des babylonischen Priesters Berossos (280 a. C.)
und war geneigt, ihn von der biblischen Erzählung abhängig
sein zu lassen. Nach Berossos beschließen die Götter, und
namentlich Bei, die sündigen Menschen durch eine Flut zu
vernichten. Da erscheint Kronos (d. i. Ea) dem frommen
Xisuthros (babylon. Chasis-Ätra), sagt ihm die Katastrophe
voraus und befiehlt ihm, ein großes Schiff, 5 Stadien (= 925 m)
lang und 2 Stadien (=370m) breit, zu bauen, um in dem-
selben sich selbst, seine Familie und Freunde, allerlei vier-
füßige und geflügelte Tiere, sowie Speise und Trank unter-
zubringen. Xisuthros gehorcht dem Befehl; die große Flut
bricht herein, hört bald darauf auf, und Xisuthros
sendet dreimal hinter einander Vögel aus, um zu erkunden,
ob die Wasser sich verlaufen haben; das erstemal kommen
sie zurück, das zweitemal kommen sie zurück mit Schlamm
an den Füßen, das drittemal kehren sie nicht wieder. Xisu-
thros verläßt mit Weib, Tochter und dem Steuermann die
auf einem Berge aufgelaufene Arche, verehrt die Erde, opfert
den Göttern und wird mit Gattin, Tochter und Steuermann
um seiner Frömmigkeit willen in den Himmel versetzt. Die
übrigen verlassen die Arche, finden den Xisuthros nicht mehr,
werden aber durch eine himmlische Stimme belehrt, dafs sie
sich in Armenien befinden, und ermahnt, nach Babylonien
zurückzukehren und fortan ein frommes Leben zu führen.

Daß dieser Bericht des Berossos auf altbabylonischen
und nicht auf biblischen Überlieferungen beruht, ergab sich,
als man in der Bibliothek des Assurbanipal das trümmerhafte
Gilgames-Epos auffand, auf dessen XI. Tafel Chasis-atra
(Xisuthros), der hier den Namen Utnapistim führt, seine Ret-
tung aus der grofsen Flut in naher Übereinstimmung mit
Berossos erzählt. Für das hohe Alter der Flutsage aber spricht
ein Keilschriftfragment aus dem 21. Jahrhundert a. C, welches
sich auf dieselbe bezieht und schon den Namen Chasis-atra
enthält.

Deussen, Paul. Allgemeine Geschichte der Philosophie, 1913. Band 2, Teil 2, S. 58

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